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Katholizismus bezeichnet die Repräsentation des römisch-katholischen Christentums in der Gesellschaft, basierend auf der durch den katholischen Glauben geprägten Weltanschauung und Wertvorstellung. Dies schließt insbesondere die sich daraus ergebenden politischen, staatlichen und sozialen Aktivitäten nicht nur der institutionellen Strukturen, sondern auch der katholischen Gläubigen, deren gesellschaftliche Organisationsformen und Brauchtum ein.

Der Begriff Katholizismus wird wissenschaftlich von der Konfessionskunde, der Phänomenologie und Soziologie benutzt, um die Praxis des katholischen Glaubens durch den einzelnen Gläubigen, aber auch die gesellschaftliche Relevanz des katholischen Glaubens zu beschreiben. Entsprechendes gilt für das Wort Protestantismus, das dies bei den protestantischen Christen beschreibt.

Der Katholizismus gilt traditionell sowohl in Bezug auf Moral, als auch politisch als konservativ, aber auch volkstümlich (Volksfrömmigkeit). Eine große Rolle spielen weiterhin das Gemeinschaftsbewusstsein sowie die religiös-kulturelle Tradition.

Innerhalb des Katholizismus bestehen auch diverse Strömungen, die häufig mit der Politik entlehnten Begriffen zusammengefasst werden (insbesondere LinksKatholizismus) bzw. als „Progressisten“ und „Traditionalisten“ bezeichnet werden.

Vor dem Hintergrund globaler gesellschaftlicher Veränderungen befindet sich der Katholizismus, jedenfalls sofern er selbst einen traditionellen Kulturkreis prägte, zwar in einem grundlegenden Umgestaltungsprozess.

Unter der Jugend in Europa ist der überlieferte Katholizismus auch weiterhin ein Minderheitenphänomen. Die Auflösung der typisch katholischen Milieus bewirkt bei progressiven wie konservativen Kräften aber entgegengesetzte Reaktionen. Die Gegenwehr des Integralismus vermag nur eine sehr geringe Minderheit der Katholiken anzuziehen (z. B. Lefebvre-Bewegung, mit der höchstens 0,015 % der 1,1 Mrd. Katholiken sympathisieren), da die traditionelle Volksfrömmigkeit stark nachlässt. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht wirken die konfessionellen Milieus jedoch auch dann noch auf die persönlichen Verhaltensmuster, wenn die eigentlich kirchliche Bindung bereits nicht mehr bewusst empfunden wird.

Zentrales Element im Verständnis der römisch-katholischen Kirche ist die kirchliche Hierarchie mit dem Papst als oberstem Bischof. Die als „petrinisches Prinzip“ bezeichnete Funktion des Bischofs von Rom unterscheidet diese Kirche sichtbar von anderen Konfessionen. Als Nachfolger des Apostels Petrus gilt der Papst in der römisch-katholischen Kirche als Fels der Gesamtkirche und Stellvertreter Christi auf Erden.

Dem Vorwurf, dass sich das Papsttum in die Politik einmische, wird von der römisch-katholischen Kirche entgegengehalten, dass der christliche Glaube über die politischen und gesellschaftlichen Sphären hinaus reiche. Das petrinische Prinzip etabliert einen religiösen Internationalismus, einen weltweiten öffentlichen Anspruch. Das wiederum findet sich in der ursprünglich Wortbedeutung von „katholisch“ als „allgemein“ wieder.

In der Folge dieses Anspruchs, die Religion der Politik und der Gesellschaft überzuordnen, setzte sich der Heilige Stuhl mit dem jeweiligen Gegenüber im staatlichen Bereich auseinander. Mit ihrer jahrhundertelangen Diplomatie weisen die päpstlichen Institutionen einen großen Erfahrungsschatz auf. Heute wird die Institution des Papsttums (nicht nur der Vatikanstaat) von fast allen Staaten der Welt auch völkerrechtlich anerkannt.

Während sich die Orthodoxie in ein orientalisches Staatskirchentum einfügte, traten die Bischöfe von Rom in einen vielhundertjährigen Konflikt mit den Staatsgewalten ein. Im Bereich der lateinischen Kirche trat der Anspruch des päpstlich formulierten Primats mit besonderer Deutlichkeit im 11. Jahrhundert in Erscheinung.

In der Zeit seit dem Spätmittelalter nahm die Machtfülle der Territorialstaaten zu. Diese nutzten die Reformation zum Zweck weiterer Steigerung ihrer Autorität aus, übrigens auch in den katholischen Monarchien. Seit dem Westfälischen Frieden von 1648 deshalb fast vom „diplomatischen Parkett“ verschwunden, schien das Papsttum vor 1789 den absoluten Monarchien insgesamt unterlegen zu sein. In nachnapoleonischer Zeit gelang jedoch ein schrittweiser Wiederaufstieg.

Heute urteilen auch manche außerkirchliche Beobachter, dass der Katholizismus im 20. Jahrhundert angesichts der „Krise des Humanismus“ einen wesentlichen Beitrag für den Fortbestand der Zivilisation geleistet habe.

Der Schwerpunkt des weltweiten Katholizismus hat sich seit den 1980er Jahren von Europa nach Lateinamerika, Afrika und allmählich auch Asien verlagert. Afrika südlich der Sahara wendet sich verstärkt dem Christentum zu. Die römisch-katholische Kirche in Lateinamerika steht aber, wegen ihrer langen Bindung an die europäisch-katholische Tradition, vor besonders gravierenden Herausforderungen.

Hier wurde seit den 1960er Jahren der Versuch einer Befreiungstheologie unternommen, die von der Kirche jedoch als Rückfall in Konzepte, die eine politische Theologie begünstigen, jetzt aber unter marxistischer Perspektive zu sehen sei, bekämpft wurde.

Im anglo-amerikanischen Kulturraum hat die römisch-katholische Kirche seit dem 19. Jahrhundert nach und nach an Akzeptanz gewinnen können, ist aber noch immer als konfessionelle Minderheit zu sehen.

Katholische Glaubensgemeinschaften


Quellen

Seite „Katholizismus“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. Mai 2016, 18:58 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Katholizismus&oldid=154840545 (Abgerufen: 9. Juni 2016, 13:37 UTC)